Samstag, 30. September 2017

SpaceX stellt überarbeiteten Marsplan vor

Elon Musk hat auf dem gerade zu Ende gegangenen IAC in Adelaide, Australien, die aktuellen Pläne seiner Firma für bemannte Marsmissionen vorgestellt. Am Ende gab es noch eine echte Überraschung.

Vor ziemlich genau einem Jahr hatte Musk zum ersten Mal eine Missionsarchitektur für bemannte Flüge zum Roten Planeten, und letztlich seine Besiedlung, der Öffentlichkeit präsentiert. Nun gab es ein Update: Der neue Plan ist etwas weniger grandios, dafür wohl realistischer.

BFR

Die 2016 unter der Bezeichnung ITS (Interplanetary Transport System) vorgestellte Riesenrakete ist geschrumpft und trägt nun wieder den ursprünglichen Namen BFR (Big F*cking Rocket bzw. offiziell Big Falcon Rocket). Der Durchmesser wurde von zwölf auf neun Meter reduziert, die Länge von 122 auf 106 Meter. Die Zahl der Raptortriebwerke wurde entsprechend verringert und ein Deltaflügel am Heck der zweiten Stufe verändert das äußere Erscheinungsbild leicht. BFR sieht dem ITS aber immer noch sehr ähnlich.

BFR-Oberstufe (Bild: SpaceX)

Die Nutzlastkapazität halbiert sich im Vergleich zum ITS: statt 300 Tonnen (voll wiederverwendbar) bzw. 500 Tonnen (Einweg) für das ITS in eine niedrige Erdumlaufbahn sind es nun immerhin noch 150 bzw. 250 Tonnen. Damit würde die überarbeitete BFR immer noch alle anderen bislang gebauten bzw. geplanten Träger ausstechen, einschließlich Saturn V und SLS (diese sind außerdem nicht wiederverwendbar).

Die BFR-Oberstufe wird ein Volumen größer als das eines A380 haben und damit ca. 100 Menschen Platz bieten, verteilt auf 40 Kabinen. Dazu kommen Gemeinschaftsräume.

Es wird verschiedene Varianten geben: Crew, Frachter und Tanker.

Das BFR-System wird natürlich vor allem für das langfristige Ziel von SpaceX, eine Marskolonie zu gründen, entwickelt. Es ließe sich damit aber auch eine Mondbasis realisieren. Die Oberstufe könnte nach einer Betankung im Erdorbit auf der Mondoberfläche landen und zurück zur Erde starten. Bei Marsmissionen wäre neben der erneuten Betankung im Weltraum vor Abflug auch die Nutzung von lokalen Ressourcen auf dem Mars nötig: Aus dem dort vorhandenen Wasser sowie dem Kohlendioxid in der Atmosphäre ließen sich Flüssigsauerstoff und Methan für die BFR-Triebwerke gewinnen.

Für die Versorgung der ISS und den Transport von Satelliten wird in einigen Jahren ebenfalls das BFR zum Einsatz kommen.

BFR auf dem Mond: Sollte der Mond das Hauptziel der NASA werden, ist SpaceX vorbereitet. (Bild: SpaceX)

Alles auf eine Karte

Musk kündigte dann auch folgerichtig an, dass BFR mittelfristig alle anderen Trägersysteme von SpaceX ablösen wird: Falcon 9, Falcon Heavy, sowie die Dragonkapsel. Damit wolle man es ermöglichen, in Zukunft alle Ressourcen der Firma auf die Entwicklung von BFR zu konzentrieren. Unter diesem Gesichtspunkt wird auch die Entscheidung verständlicher, den Marslander Red Dragon nicht weiterzuentwickeln.

Für den Fall, dass die Arbeiten an BFR langsamer als geplant vorankommen bzw. Kunden die bereits existierenden Träger bevorzugen, wird SpaceX Falcon-Stufen auf Vorrat produzieren.

Was das BFR-System wirklich revolutionär macht sind seine extrem niedrigen Startkosten dank vollständiger Wiederverwendbarkeit. Laut Musk wird ein Start von BFR weniger kosten als eine Falcon 1-Mission, d.h. unter 10 Millionen Dollar. Damit würde SpaceX mit dem neuen System bestehende Anbieter preislich ca. um den Faktor 100 unterbieten. Schon jetzt ist die Falcon 9 der mit Abstand günstigste westliche Träger, was sich auch in der Zahl der Startaufträge für SpaceX widerspiegelt: Nach ca. 20 Starts in diesem Jahr werden es 2018 voraussichtlich um die 30 sein - das entpricht 50% der durchschittlichen Anzahl aller orbitalen Raketenstarts in einem Jahr weltweit. Wie sich europäische Anbieter unter diesen Bedingungen halten sollen, ist unklar.

Vergleich der Startkosten internationaler Träger (Bild: SpaceX)

Entwicklung läuft

Musk zeigte bei seiner Präsentation ein Video einer Testzündung des Raptor-Triebwerks. Zusammengerechnet hat der Antrieb mittlerweile 20 Minuten Testbetrieb hinter sich, die längste Zündung lief über 100 Sekunden. Insgesamt gab es bislang 42 Triebwerkstests.

Die technischen Eckdaten von Raptor sind nun etwas weniger ambitioniert, doch Musk deutete an, dass man das Triebwerk Schritt für Schritt in Richtung der ursprünglichen Ziele weiterentwickeln werde; so lief es in der Vergangenheit auch mit dem Merlin-Antrieb der Falcon 9.

Der Prototyp eines Riesentanks wurde bis an seine Grenzen und darüber hinaus getestet. SpaceX ist nun zuversichtlich, dass der Einsatz von Verbundwerkstoffen für die Herstellung machbar ist.

Die Fertigungsanlagen für BFR sind laut Musk bereits bestellt bzw. im Bau. Die Konstruktion des ersten Exemplars soll bereits in sechs bis neun Monaten beginnen.

Zeitplan 

Damit scheinen die angekündigten Zieldaten zumindest nicht völlig ausgeschlossen. Zwei unbemannte Frachtmissionen zum Mars 2022, gefolgt von zwei bemannten Missionen sowie zwei weiteren Frachtflügen 2024.
Selbst wenn sich der Zeitplan deutlich nach hinten verschiebt, zum Beispiel auf 2030, wäre das immer noch ein Jahrzehnt früher (und in der Umsetzung bereits jetzt wesentlich konkreter) als entsprechende Vorhaben der NASA.

Mit dem BFR von New York nach Shanghai

Zum Schluss seines Vortrags zeigte Musk noch ein Video, das den möglichen Einsatz der neuen Rakete für schnelle Interkontinentalflüge zeigt: Die meisten Langstrecken ließen sich damit in ca. einer halben Stunde zurücklegen, jeder Punkt auf der Erde wäre in weniger als einer Stunde erreichbar.




1 Kommentar:

lologisch.jimdo.com hat gesagt…

Ich finde das neue Raketensystem besser als das Constelations-Programm aber die Startkosten können niemals so günstig werden. Vielleicht schreibe ich auch mal was in meinem Raumfahrt-Blog darüber. Derweilen schreibe ich aber eher über das Wettrennen ins All.